
Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0)
Rechteinhaber: Städtisches Museum Braunschweig
Aetas aurea (Das Goldene Zeitalter)
Allgemein
- Kategorie:
- Grafik
- Creation date:
- 2. Hälfte 16. Jahrhundert
- Material / Technik:
- Papier
Kupferstich
- Scope:
- Höhe: 197 mm (Platte)
Breite: 258 mm (Platte)
Höhe: 198 mm (Blatt)
Breite: 260 mm (Blatt)
Inhalt
- Information:
- Jan Collaert d. Ä. (auch: Johannes Collaert, oder: Hans I. Collaert) ist der Begründer einer der bedeutendsten Kupferstecher-Dynastien der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Antwerpen, dem seinerzeit führenden Zentrum der Druckgraphik in Flandern. Er lässt sich in den Liggeren, dem Archiv der Antwerpener St. Lukasgilde, das als wichtige historische Quelle biographischer Daten flämischer Künstler gilt, nicht nachweisen. Sein gesamtes Œuvre ist trotz seiner Bedeutung für die Druckgraphik des 16. und 17. Jahrhunderts bislang noch nicht abschließend erforscht worden. Die Familie Collaert wirkte bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts und schuf über drei Familiengenerationen rund 2.200 Druckgraphiken. Jan Collaert d. Ä. war nicht nur ein herausragender Kupferstecher, sondern auch Zeichner, Glasmaler und Verleger. Außerdem verfertigte er Entwürfe für Tapisserien und Ornamentverzierungen für Schwerter. Seine erste datierte Druckgraphik mit dem Titel „Moses schlägt Wasser aus dem Felsen“ nach Lambert Lombard (1505/06-1566) wurde 1555 von Hieronymus Cock (1518-1570) verlegt. Collaerts‘ Söhne arbeiteten in der Werkstatt von Philip (Philips) Galle (1537-1612). Auch das hier gezeigte Blatt wurde von Galle verlegt.
Jan Collaert entführt uns in seinem Kupferstich in das goldene Zeitalter (aetas aurea). In der römischen Mythologie versteht man darunter einen Idealzustand des friedvollen menschlichen Zusammenlebens zur Zeit des Gottes der Aussaat, Saturn (Saturnia regna), vor der Entstehung der Zivilisation. „Aetas aurea“ ist im besten Sinne eine „Blütezeit“, in der sich alles prächtig entfalten kann. Dem Mythos zufolge waren die sozialen Verhältnisse im Goldenen Zeitalter derart ausgewogen, dass die Menschen hervorragend in ihre natürliche Umwelt integriert waren. So gab es weder Kriege noch Verbrechen oder Laster. Die bescheidenen Lebensbedürfnisse orientierten sich an den Gesetzmäßigkeiten der Natur.
Die Verse unterhalb der Graphik beschreiben das friedvolle Zusammenleben der Menschen, ohne Streben nach Gewinn, ohne Krieg und Kultivierung der Natur. Sie sind eine Kompilation verschiedener Verse unterschiedlicher Autoren. So ist die erste Textsequenz mit den Worten: „Postquam regna senex coeli Saturnus haberet, / Omne malum tenebris alta tegebat humus“ eine Interpretation eines Verses aus den Liebesgedichten „Amores“ von Ovid (3, 08). Der Satz „Non clypeus, non ensis erat, …“ wird unter anderem auch in den „Sarcotis“ (II) des Jesuiten Jacob Masen (lateinisch: Jacobus Masenius), der von 1606 bis 1681 lebte, zitiert. Die Verse unterhalb der Graphik ließen sich mit folgenden Worten übersetzen:
„Als der greise Saturn im Himmel herrschte, verbarg die Erde alles Übel tief im Finstern.
Und Freuden erblühten unbekümmert in der neuen Welt, und Frieden regierte, geführt von bekränzten Pferden.
Es gab kein Schild und kein Schwert; die freundliche Erde öffnete sich hingegen ohne Pflugschar.“
Diese Idylle führt uns Jan Collaert in seinem Kupferstich nach einem Gemälde des flämischen Künstlers Tobias Verhaecht (1561-1631) vor Augen: In einer idealisierten Landschaft liegen die Menschen einander in inniger Vertrautheit in den Armen. Früchte wie Äpfel, Birnen, Kürbisse und Hülsenfrüchte liegen in ausreichender Zahl auf dem Boden und müssen lediglich aufgesammelt werden. Tiere halten sich in unmittelbarer Nähe zu den Menschen auf und haben keine Angst: Im Vordergrund spielen zwei Hasen miteinander, Enten schwimmen auf dem See, im Hintergrund sind ein äsender Hirsch und ein Reh zu erkennen. Die Darstellung des goldenen Zeitalters war ein beliebtes Thema bei flämischen, niederländischen und italienischen Druckgraphikern des 16. Jahrhunderts. Hinsichtlich des Bildaufbaus lässt sich der Kupferstich von Jan Collaert mit einer zwischen 1590 und 1599 geschaffenen Radierung des italienischen Künstlers Antonio Tempesta (1555-1630) vergleichen, die ebenfalls das goldene Zeitalter darstellt (Antonio Tempestà, AETAS AUREA (Das goldene Zeitalter), 1590-1599, Radierung, 225 x 333 mm (Blatt), Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. ATempesta WB 3.6.). Kompositorische Parallelen gibt es hinsichtlich des bühnenbildartigen Aufbaus beider Arbeiten: Die Szene wird links und rechts jeweils von einem Baum eingerahmt. Auch das im rechten Bildrand sitzende Liebespaar ist ein wiederkehrendes Element in den jeweiligen Schöpfungen von Collaert und Tempesta. Der Kupferstich von Jan Collaert wirkt im Vergleich zu der Radierung von Antonio Tempesta ruhiger und hinsichtlich des Bildaufbaus klarer strukturiert. Dies lässt sich auf die vergleichsweise geringe Anzahl der Tiere und menschlichen Figuren in der Komposition Jan Collaerts‘ zurückführen. Die Radierung von Antonio Tempesta wirkt aufgrund der zahlreichen Tiere und anderen Figuren extrem unruhig und überbevölkert, so dass der Eindruck eines künstlerischen horror vacui entsteht. (Lars Berg)
Inschrift:
Bezeichnet, in der Platte, oben: „ÆTAS AVREA.“, unterhalb der Darstellung: „Tobias Verhaecht inuent. | Ion. Collaert sculp. | Phls Galle excud.“, darunter: „Postquam regna senex coeli Saturnus haberet, / Omne malum tenebris alta tegebat humus. // Et secura nouo florebant gaudia mundo, Paxq[ue] coronatis vecta regebat equis. // Non clypeus, non ensis erat, sine vomere tellus / Obuia foecundos pandit amica sinus.“
Veröffentlicht in:
Von Rembrandt bis Baselitz. Meisterwerke der Druckgraphik aus der Sammlung des Städtischen Museums Braunschweig, hrsg. v. Lars Berg und Peter Joch, Petersberg 2020, S. 154-156, Kat.-Nr. 47; S. 155 (Abb.).
Literatur in Zusammenhang:
Maës, Gaëtane und Jan Blanc, Les échanges artistiques entre les anciens Pays-Bas et la France 1482-1814, Turnhout 2010, S. 251-263.
Literatur in Zusammenhang:
Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Unter Mitwirkung von mehr als 300 Fachgelehrten des In- und Auslandes, hrsg. v. Ulrich Thieme, Siebenter Band: Cioffi – Cousyns, Leipzig 1912, S. 211.
Literatur in Zusammenhang:
The new Hollstein Dutch & Flemish etchings, engravings and woodcuts 1450-1700, The Collaert Dynasty, vol. 1 (2005), p. xliii-liii.
Literatur in Zusammenhang:
Hollstein Dutch & flemish etchings, engravings and woodcuts ca. 1450-1700, Bd. 4, 1951, S. 209-210.
- Keyword:
- Graphik
Grafik, Fotografie > Druckgrafik > Tiefdruck > Kupferstich
Zeichnung/Grafik
Weitere Informationen
Administrative Daten
- Link zur Seite:
- https://ku-ni.de/record_kuniweb_458865
- Lizenz der Metadaten:
- kein Copyright / Public domain (CC0 1.0)
- Lizenz der Digitalisate:
- Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International (CC BY-NC-ND 4.0)