Der Diplomat (Franz von Papen)
Allgemein
- Kategorie:
- Grafik
- Creation date:
- 1971
- Place of publication:
- Köln (Nordrhein-Westfalen)
- Material / Technik:
- Büttenpapier
Siebdruck
- Scope:
- Höhe: 679 mm (Blatt)
Breite: 530 mm (Blatt)
Höhe: 580 mm (Platte)
Breite: 365 mm (Platte)
Inhalt
- Information:
- Walter Dexel war Maler, Werbegraphiker, Gestalter, Wissenschaftler, Kunsthistoriker und Sammler. In Braunschweig wird mit seinem Namen vor allem die Formsammlung verbunden, die ab 1942 – zunächst als Lehrschau des deutschen Handwerks – von Walter Dexel aufgebaut und von seinem Sohn Thomas fortgeführt wurde und sich heute im Städtischen Museum Braunschweig befindet. Nach seiner Promotion im Fach Kunstgeschichte in Jena 1916 war Walter Dexel bis 1928 Ausstellungsleiter des Kunstvereins Jena. Danach schloss er eine Lehrtätigkeit für Gebrauchsgraphik an der Kunstgewerbe- und Handwerksschule in Magdeburg an. Zwischen 1930 und 1933 entstand eine Serie mit dem Titel „Köpfe“, auf die auch die 1971 ausgeführte Serigraphie zurückgeht. Dexel konstruierte mit Zirkel und Lineal Porträts von Politikern, aber auch stilisierte Darstellungen von Gesellschaftstypen, etwa einem Korpsstudenten, einem Jesuiten, einem Abt, oder einem Schwarzhändler („Der Schieber“). Die Köpfe sind ein Ergebnis des Konstruktivisten Dexel, der sich zuvor beruflich mit Werbegraphik und Typographie beschäftigt hatte. Dem Künstler geht es darum, die wesentlichen Merkmale der Physiognomie des Dargestellten mit wenigen präzisen Linien zu charakterisieren. Die hier gezeigte Serigraphie zeigt Franz von Papen (1879-1969). Dieser trug als deutscher Politiker (1921 bis 1932 Zentrum, dann parteilos, ab 1938 NSDAP) und Diplomat am Ende der Weimarer Republik entscheidend dazu bei, Adolf Hitler und die NSDAP an die Macht zu bringen. Papen wurde als Berufsoffizier und Abgeordneter im Preußischen Landtag im Juni 1932 von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Er entmachtete während seiner nur ein halbes Jahr andauernden Amtszeit im sogenannten „Preußenschlag“ die SPD-geführte Regierung des Freistaats Preußen. Damit schwächte er sowohl den Föderalismus als auch die Demokratie in Deutschland. Nach seinem Sturz im Dezember 1932 verhandelte er mit Hitler über eine Koalitionsregierung zwischen der national-konservativen DNVP und der NSDAP. Von Papen glaubte zunächst, dass er in dieser Regierung die Nationalsozialisten kontrollieren könne. Am 30. Januar 1933 kam es dann jedoch zur Machtergreifung der Nationalsozialisten. Im Kabinett Hitler übernahm von Papen das Amt des Vizekanzlers. Er wurde jedoch rasch entmachtet und trat nach dem sogenannten Röhm-Putsch im Juli 1934 zurück. Anschließend war er Gesandter und Botschafter des Deutschen Reiches in Wien und Ankara. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde von Papen vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagt und zunächst freigesprochen. In einem Spruchkammerverfahren, das im Rahmen der Entnazifizierung stattfand, wurde er schließlich am 24. Februar 1947 als „Hauptschuldiger“ eingestuft und zu acht Jahren Haft im Arbeitslager verurteilt, jedoch nach zwei Jahren 1949 vorzeitig entlassen. In der Physiognomie Franz von Papens wird eine frappierende Ähnlichkeit zu Adolf Hitler deutlich. Dexel hatte es vermutlich darauf angelegt, dass der ehemalige Reichskanzler und spätere Vizekanzler von Papen Hitler optisch nahekommt. Schließlich war dieser am Aufstieg der NSDAP und Hitlers selbst maßgeblich beteiligt.
Die Serigrafie geht auf eine mit Temperafarbe ausgeführte Malerei auf Karton aus dem Jahr 1933 zurück. Der dreifarbige Druck in Grau, Schwarz und Hellblau wurde 1971 in einer Auflage von 130 nummerierten und signierten Exemplaren auf Büttenpapier, zuzüglich einigen Probeblättern – davon 2 auf Karton im Format 67,9 x 52,9 cm – von Adolf Pilz in Braunschweig gedruckt.
Das druckgraphische Œuvre von Walter Dexel ist mit knapp 100 Werken relativ klein. Seinem Frühwerk (1915-1930) sind etwa 20 Druckgraphiken zuzurechnen. Die anderen Arbeiten entstanden nach seiner Wiederentdeckung zwischen 1968 und 1973. Für die geringe Anzahl druckgraphischer Arbeiten in Dexels Gesamtwerk sind mehrere Gründe zu nennen: Zum einen ruhte die künstlerische Tätigkeit Dexels zwischen 1933 und 1962. Zum anderen gab es in den frühen 1920er Jahren keinen großen Bedarf an konstruktiver Graphik, wohl aber an expressionistischer Kunst und an Werken der Neuen Sachlichkeit. Der wichtigste Grund bezieht sich auf die eigenen künstlerischen Interessen Dexels. Diese verlagerten sich im ersten Drittel der 1920er Jahre auf Typographie, Buchkunst, Reklame und Leuchtreklame, Verkehrsschilder, Bühnenbilder und Raumausstattung. (Lars Berg)
Aufschrift:
Signiert, unten rechts, mit Bleistift: „WDexel“
Beschrieben in:
W. Vitt, „Walter Dexel : Werkverzeichnis der Druckgrafik ; 1915 bis 1973 ; Holzschnitte, Lithographie, Serigraphien, Multiples ; [.. erscheint zugleich als Katalog für die Ausstellungen der Druckgrafik Dexels im Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, im Saarland-Museum, Saarbrücken, in den Brandenburgischen Kunstsammlungen Cottbus und in der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung Bonn]. Dexel : Druckgrafik 1915 - 1973“. Vitt, Köln, 1998. (S. 69, Kat. Nr. 59.)
Veröffentlicht in:
L. Berg und P. Joch, „Von Rembrandt bis Baselitz Meisterwerke der Druckgraphik : aus der Sammlung des Städtischen Museums Braunschweig“. Michael Imhof Verlag, Petersberg, 2020. (S. 80-81, Kat. Nr. 19; S. 81 (Abb.).)
Veröffentlicht in:
W. Dexel und C. Hollberg, „Walter Dexel [... anlässlich der Ausstellung ‚Walter Dexel (1890 - 1973) - Konstruierte Welten‘, 26. November 2014 bis 8. Februar 2015]“. Sandstein-Verl., Dresden, 2014. (S. 100, Kat. Nr. 116; S. 101 (Abb.).)
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Zeichnung/Grafik
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