Der Goldene Brief des birmanischen Königs Alaungphaya an König Georg II. von Großbritannien
Allgemein
- Kategorie:
- Handschriften
- Persons:
- Alaungphaya <Birma, König>
Georg <Großbritannien, König, II.>
- Creation date:
- wahrscheinlich 07.05.1756
- Place of publication:
- Birma
- Scope:
- 1 Goldblechrolle 547 x 85 mm
Inhalt
- Information:
- Es handelt sich hierbei um den originalen Brief des birmanischen Königs Alaungphaya (reg. 1752-1760), Gründer der bis 1886 herrschenden Konbaung-Dynastie, an den britischen König Georg II., in birmanischer Zeitrechnung auf den 10. Tag des ansteigenden Mondes des Monats Kason 1118 datiert (7. Mai 1756). Der Brief wurde auf einem 85 mm hohen und 547 mm breiten, mit 24 Rubinen verzierten Goldblech verfasst. Als Transportbehältnis diente eine Elfenbeindose, in die der Brief eingerollt wurde. Er ist der einzige erhaltene goldene Brief aus Birma.
Der Inhalt des Briefes ist ein Handelsangebot von Alaungphaya an die Engländer. Mit der Gewährung eines Stützpunktes in günstiger Lage verschaffte er ihnen einen strategischen Vorteil gegenüber den mit ihnen konkurrierenden Franzosen und erhoffte sich im Gegenzug militärische Unterstützung gegen seine Widersacher.
Historischer Hintergrund des Goldenen Briefes ist zum einen der Aufstieg Alaungphayas und sein erfolgreicher Kriegszug gegen die Herrschaft des Mon-Reiches, zum anderen die Beziehung zu den europäischen Kolonialmächten. Ab 1752 setzte sich Alaungphaya als Führer einer birmanischen Revolte gegen die Fremdherrschaft der aus dem südlichen Landesteil stammenden Mon durch. Infolge der Kriege, die er bis zum Ende seiner Herrschaft führte, setzte Alaungphaya 1757 der Mon-Herrschaft über das birmanische Territorium ein Ende, erneuerte die Herrschaft und schuf staatliche Strukturen. Zugleich rivalisierten im Indischen Ozean die Flotten der französischen und englischen Ostasiengesellschaften – neben konkurrierenden Handelsinteressen ist hierbei aber immer mehr auch eine Verlagerung europäischer Kriegsschauplätze (Siebenjähriger Krieg) nach Asien zu konstatieren: Der Generalgouverneur der französischen Niederlassung in Indien, Dupleix, unterstützte mit Truppen indische Fürsten sowie die Mon-Herrschaft, um Allianzen für die Compagnie des Indes Orientales zu sichern. Die Engländer der East India Company kopierten diese Strategie, allerdings ungleich erfolgreicher. Alaungphaya, der mit der stärksten Macht im Indischen Ozean Kontakt aufnehmen wollte, um sich den größtmöglichen Vorteil über seine Widersacher zu sichern, entschied sich vorausschauend für die Engländer als strategischen Partner.
In dem Brief bietet Alaungphaya König Georg II. und der East India Company den Aufbau eines befestigten Stützpunktes in der Hafenstadt Panthein an. Da die Engländer zu diesem Zeitpunkt nur eine Niederlassung in geographisch benachteiligter Lage auf der Insel Negrais hatten, bedeutete dieses Angebot eine großzügige Geste. Mit einer Handelsniederlassung in strategisch günstigerer Lage konnten sich die Engländer den Zugriff auf den für den Schiffbau wichtigen Rohstoff Teakholz sichern und sich damit Vorteile über die französische Konkurrenz verschaffen. Im Gegenzug erhoffte sich Alaungphaya von den Engländern Waffenlieferungen für seine Kriege gegen die Mon.
Der Brief an Georg II. wurde zusammen mit weiteren Briefen an den Vorsteher der englischen Niederlassung in Negrais, den Gouverneur der East India Company in Madras und den Court of Directors der East India Company in London auf die Reise geschickt; nur der Brief an den König aber war auf einem Goldblatt verfasst und mit 24 Rubinen verziert. Nach einer Reise von anderthalb Jahren über Madras und um Afrika herum erreichte der Brief schließlich Georg II., der den Empfang des Schreibens jedoch nicht bestätigte (ebenso wenig wie die Direktoren der Company). Der über die ausbleibende Reaktion verbitterte Alaungphaya ließ schließlich die Niederlassung in Negrais zerstören; bis 1795 gab es keine offiziellen Beziehungen zwischen Großbritannien und Birma mehr.
Georg II. sandte stattdessen den Goldenen Brief an seine Heimatbibliothek in Hannover, die Vorgängereinrichtung der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, zusammen mit der Elfenbeindose und einem auf den 28. März 1758 datierten Reskript der Zuweisung. In diesem vom Geheimen Rat Gerlach Adolf von Münchhausen verfassten Reskript wird der Goldene Brief fälschlicherweise als das Schreiben eines unabhängigen, heidnischen indischen Fürsten, der sich fleischlos ernährt und das Feuer anbetet, beschrieben. Mit dieser Information wurde der Goldene Brief schließlich über 100 Jahre später von Eduard Bodemann in seinem Handschriftenkatalog aufgenommen. Erst die Forschungen des luxemburgischen Birmanisten Dr. Jacques P. Leider konnten die wahre Herkunft und Bedeutung des Briefes an das Tageslicht bringen.
Der Goldene Brief Alaungphayas an Georg II. ist damit nicht nur von herausragendem ästhetischen Wert, sondern auch ein einmaliges Zeugnis der Weltgeschichte sowie der Geschichte Birmas und Europas des 18. Jahrhunderts. Der historische Stellenwert schlägt sich auf mehreren Ebenen nieder: Der Brief spiegelt die Verlagerung der englisch-französischen Rivalität innerhalb Europas und Nordamerikas nach Südasien wieder und ist damit ein zentrales Dokument zur frühkolonialen Geschichte Asiens. Er dokumentiert den Aufstieg und die Stellung eines der bedeutendsten Potentaten der birmanischen Geschichte, der sich auf Augenhöhe mit einer westlichen Kolonialmacht begibt und selbstbewusst agiert. Und er gibt – mit der Reaktion Englands auf den Goldenen Brief – Einblicke in die eurozentrische Sichtweise europäischer Mächte des 18. Jahrhunderts und liefert Bezüge zur britisch-hannoverschen Personalunion.
Jacques P. Leider: King Alaungmintaya's Golden Letter to King George II. (7 May 1756) : The story of an exceptional manuscript and the failure of a diplomatic overture. Hannover, 2009
Georg Ruppelt, Jacques Leider: The treasure of the Gottfried Wilhelm Leibniz Library in Hanover, Germany: The Golden Letter from King Alaungphaya of Myanmar to King Georg II of Great Britain. Hannover, 2014
Physische Beschreibung:
An den beiden Schmalseiten mit 24 Rubinen besetzt, die Schrift mit einem scharfen Instrument eingeritzt. Dazu gehört ein elfenbeinernes Behältnis.
- Keyword:
- Brief/Briefsammlung
Weitere Informationen
Administrative Daten
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- https://ku-ni.de/isil_DE-35_alaugold_00056452
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